13.02.2010

Bei den Kiwis auf Steward Island

Eine der entspannendsten und äußerst interessantesten Wochen meines Neuseelandsaufenhaltes liegt mit Sicherheit hinter mir: Steward Island hat mich mit all seinem Charme, mit seiner gelassenen Atmosphäre, Schönheit und Unberührtheit berührt, dass kann ich auf alle Fälle sagen. Bereits der Beginn dieser abenteuerlichen Woche kann sich zweifelsohne als einen Höhepunkt meiner Reise bezeichnen… aber immer der Reihe nach.

Nach meiner Rückkehr von Humpridge Trank landete ich nach einem sensationellen Kaffee und der bisher besten Carrottecake (nach jener selbstgerechten von Lyn) im Café Yesteryears in Tuatapere in Invercargill und begab mich am darauffolgenden Tag gleich einmal zur Touristeninformation. Auf meine Frage, ob es derzeit sehr ausgebucht auf Steward Island sei antwortete mir die nette Dame, dass es an und für sich ginge, dass nur am kommenden Tag gerade viel los sei, da am Nationalfeiertag traditionell ein Rugbyspiel zwischen den Maoris und den Pakhea (also den Weißen) auf Steward Island ausgetragen wird und viele Leute auch vom Festland nach Steward Island pendeln. Das war definitiv mein Stichwort und daher buchte ich gleich erste Fähre am kommenden Morgen von Bluff nach Oban, der einzigen Stadt Steward Islands.
Die Überfahrt war glücklicherweise weit weniger schlimm als gedacht, denn die Fährfahrt zwischen Bluff und Oban ist den Büchern zufolge eine der schlimmsten Fahrten weltweit und eine mit einer der höchsten Wahrscheinlichkeiten auf Seekrankheit. Doch wir hatten Glück und die See war recht ruhig und in Steward Island wurde ich sogar von Sonnenschein und blauem Himmel empfangen. Mein erster Weg führte mich zu Bunkers Backpackers, meiner Bleibe für die nächsten Tage und sicherlich eines der herrausragensten Backpacker Neuseelands. Recht rasch kam ich ins Gespräch mit Richard, einem 58-jährigen pensionierten Arzt aus Amerika, der dort seinen gesamten Besitz verkauft hat um die Welt zu erkunden. Er und Briony aus UK hatten für den kommenden Tag einen Ausflug nach Mason Bay am anderen Ende der Insel geplant und den Erzählungen zu Folge soll die Chance dort sehr hoch sein, Kiwis in der freien Natur erleben zu können. Zuerst gings aber auch für die beiden erst einmal zum legendären Rugby Spiel zwischen den Marios und den restlichen (weißen) Inselbewohnern. Nicht nur die gesamte Steward Island Bevölkerung war zu diesem versammelt, auch das nationale Fernsehen war fleißig am filmen. Nachdem ein nicht ganz so kühles Bier im lokalen Supermarkt besorgt war und wir in der "ersten" Reihe einen Platz gefunden hatten gings auch schon los. Kevin aus Kanada, den ich in Ivercargil kennen gelernt hatte und der auch nach Steward Island gekommen war entschloss sich kurzerhand selbst aufs Rugbyfeld zu stürmen und die Phakea zu unterstützen. Ich lehnte die Einladung zum Rugbyspielen aufgrund mangelnder Regelkenntnisse lieber doch ab. Viel verstand ich auch während des Spieles von den Regeln nicht, trotzdem Briony immer wieder versuchte diese zu erklären, Spaß wars aber dennoch ein riesiger. Weniger später erfuhren wir auch noch, dass am Abend am Strand ein riesiges Hangi veranstaltet wurde und wenig später (nach einem weiteren Bier im lokalen Pub) fanden wir uns alle am Strand bei einem leckeren Hangi (das ist Essen, das im Erdloch gegart wird) wieder. Auf dem Programm stand neben Huhn, Lamm, Lachs, Kartoffeln auch wieder leckerer Kürbis, von dem ich gar nicht genug bekommen konnte. Unsere Gruppe bestand mittlerweile nahezu aus unserem kompletten Backpacker. Kurzerhand entschloss ich mich hier, Briony und Richard am kommenden Tag zu ihrem Ausflug nach Mason Bay zu begleiten - ein guter Entschluss wie sich nur 48 Stunden später heraus stellte .

Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, denn ich musste aufgrund meines kurzfristigen Entschlusses noch einen Hüttenpass besorgen und meine Unterkunft für nach die Rückkehr abklären. Wenig später gings mit dem Wassertaxi vom Golden Bay auf Steward Island zur Fresh Water Hut - mit Sicherheit eine der schönsten Bootsfahrten meiner bisherigen Reise. Die Route führte zunächst entlang der Küste Steward Islands zu einer Flussmündung. Diese zu erreichen war nicht einfach, denn das Meer hat an dieser Stelle nur wenige Zentimeter Tiefe, bei Flut versteht sich. Alle an Bord mussten somit möglichst weit nach vorne im kleinen Wassertaxi kommen, um den Schwerpunkt des Bootes möglichst gut zu tarieren, dennoch saßen wir einige Male auf und kamen nur mit viel Schwung vom sandigen Boden wieder los. Danach folgte noch eine rund 20 minütige Fahrt durch den in S-Linien sich schlingelnden Fluss. Bedingt durch Ebbe und Flut wurde die Abholung durch das Watertaxi am kommenden Tag für 10.30 Uhr vereinbart, was bedeutete, dass wir um 6 Uhr unsere Wanderung starten mussten. Zuerst ging es aber nun rund 4 Stunden durch den Urwald auf Steward Island, durch wunderschöne Wälder und beeindruckende, langgezogene Ebenen. Leider war ich bei meiner Wanderung wohl nicht zu aufmerksam, denn alle außer mir und Briony sahen auf dieser Wanderung zur Mittagszeit einen Kiwi mitten auf dem Weg. Die Wanderung führte uns nach rund 4 Stunden zur Mason Bay Hut, unserer Unterkunft für die Nacht. Zuerst gings aber gleich mal weiter zum wunderschönen, 14 Kilometer langen Sandstrand von Mason Bay. Auf einer Düne in der Nähe der Hütte konnten Briony, Rob (aus England, den wir in der Mason Bay Hut getroffen hatten) einen wunderschönen Sonnenuntergang miterleben. Auf dem Weg zurück zur Hütte hielten wir die Augen und vor allem Ohren offen nach Kiwis, doch leider bis auf die Kiwi-Laute keine Spur der "Wahrzeichen" Neuseelands… bis kurz vor der Hütte. Doch leider war es zu dieser Zeit schon stockdunkel, allerdings war ich mir sicher im Busch neben mir etwas gehört zu haben. Als wir nach vier Minuten regungslosen Wartens noch immer nichts gehört hatten entschlossen wir uns weiter zu gehen. Der Kiwi im Busch erschrak so sehr, dass er beim Fortsetzen unseres Marsches wegrannte - wir hörten es nur rascheln, rund einen halben Meter von uns entfernt ;).
Am nächsten Morgen ging es wie geplant kurz nach 6 Uhr morgens los. Und diesmal hatten wir Glück. Nur 10 Minuten nach unserem Aufbruch hörten wir wiederum im Busch etwas. Wir blieben regungslos stehen und nach rund fünf Minuten raschelte es weiter. Wir folgenden dem Rascheln ganz leise, konnten den Kiwi aber leider zwischen all den Blättern nicht sehen. Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch und siehe da, als ich mich umdrehte standen zwei Kiwis direkt hinter uns und schauten uns sehr argwöhnisch an, was wir denn da wohl merkwürdiges treiben ;). Es war ein unbeschreiblicher Anblick, leider verließ mich in diesem Moment mein Kameraakku… daher leider nur ein unscharfes Kiwi-Foto dass ich danach noch versuchte zu machen…

Nach einem tollen Morgenspaziergang zum Boot landeten wir zur Mittagszeit wieder in Oban und hatten einen sehr relaxten Tag. Nachdem für die kommenden Tage sämtliche Unterkünfte ausgebucht waren entschloss ich mich kurzerhand die nächsten drei Tage den Rakiura Track, eine 3-Tages Rundwanderung auf Steward Island zu wandern, obwohl mir zahlreiche Leute gesagt hatten, dass diese Wanderung abgesehen vom ersten Tag eher langweilig sei, da man "nur" durch nicht sehr abwechslungsreichen Wald wandere. Am ersten Tag der 32-Kilometer langen Wanderung ging es entlang an verschiedensten Stränden, wo ich unter anderem nochmals Briony traf, die bereits am Vortag hierher zum campen aufgebrochen war. Sie schenkte mir für den Fall dass ich Muscheln finden sollte ihre halbe Flasche Weißwein… ein sehr brauchbares Geschenk ;).
In der ersten Hütte war ich leider nicht allzu erfolgreich mit meinen Muschel-Suchversuchen (fünf hab ich nach langer Suche doch noch gefunden). Es war ganz interessant mit dem Ranger zu plaudern, der an diesem Tag seinen ersten Tag hier hatte. Er war ebenfalls aus England und machte den Rangerdienst freiwillig, unbezahlt, ähnlich dem Wwoofen. War eigentlich auch eine charmante Idee eine Art Hüttendienst zu machen…
Der kommende Tag begann für uns alle sehr früh - nämlich genau um 5.58 Uhr, als wir unsanft von einem Feueralarm der Hütte geweckt wurden. Allerdings piepste nur der Rauchmelder in unserem Schlafraum, nicht mal der Ranger wurde davon wach, geschweigedenn die anderen Wanderer im zweiten Schlafraum. Schlussendlich stellte sich heraus, dass die Batterie des Rauchmelder leer war…
Auf meiner Wanderung von Port William nach North Arm, die ich durchwegs alleine verbrachte, dann die zweite kleine Sensation. Gegen Mittag spazierte ich in Gedanken versunken durch den Wald (der meiner Meinung nach keineswegs langweilig war!) und wurde von einem plötzlichen Rascheln aus meinen Gedanken gerissen. Und siehe da… nach 10 Minuten regungslosem Verharren bewegte sich tatsächlich wieder etwas im Busch und ich konnte es zuerst gar nicht glauben… da war doch tatsächlich ein Kiwi auf Futtersuche und durchwühlte rund fünf Meter von mir entfernt den Waldboden nach Würmern und Insekten. Ich konnte ihn ohne Probleme für eine viertel Stunde beobachten. Lediglich beim Versuch ihn zu fotografieren erschrak er durch das Gerausch des Auslösers und versteckte sich etwas weiter hinten im Gestrüpp. Am späten Nachmittag dann die zweite Überraschung: Bei der North Arm Hütte gab es Tonnen von Muscheln - somit wurde mein Knoblauch und Weißwein ausgepackt und die Muscheln in diesem gekocht… ein leckeres Essen! Auf der Hütte traf ich drei Neuseeländer, die gerade den Northern Circuit beendeten (das ist eine 10 Tages Wanderung) und sie holten nicht nur Muscheln aus dem Meer sondern die für Steward Island bekannten Coculs (?), auch eine Art Muschel, und kochten diese gleich direkt am Strand und luden mich freundlich ein, diese zu kosten - und diese waren echt sooo köstlich. Am kommenden Tag gab es im lokalen Fisch und Chips Shop dann nach der erfolgreich abgeschlossenen Wanderung noch einen anständigen Blue Cod :)

Den krönenden Abschluss meines Steward Island Ausfluges bildete am letzten Tag ein Ausflug zur Insel Ulva Island, die nur wenige Kilometer vor Steward Island ist und frei von jeglichen eingeschleppten Feinden für die Neuseeländische Vogelwelt ist (Ratten, Possums, Wiesel, …). Daher ist hier so gut wie an keinem anderem Platz in Neuseeland die Vogelwelt und Vegetation zu bestaunen. Der Trip wäre für mich noch beinahe ins Wasser gefallen, nachdem ich ein wenig zu spät aus dem Hostel weggekommen war und nur noch die Schlusslichter der Fähre sah, als ich den Hafen erreichte. Glücklicherweise erklärte sich mein Wassertaxi-Chauffeur von unserem Trip zu Fresh Water Hut bereit, mich einzuschieben und fuhr mich für nur 20 Dollar (für Hin und Retour) nach Ulva Island.

Nach einem abschließenden Café im "Waiting-Room-Cafe" im Fährterminal auf Steward Island hieß es dann um 15.30 für mich Abschied nehmen von einer Insel, die mich hoffentlich nicht zum letzten Mal gesehen hat.


Das Bunkers Backpackers auf Steward Island. Familiäre Atmosphäre pur!


Der Haka Tanz der Maori-Spieler.


Und los gehts ;)...


Auch die Kleinsten von Steward Island waren dabei.


Harter Kampf um den Ball.


Ruth aus England, meine Wenigkeit, Briony aus England, Kevin aus Canada, Richard aus Amerika und Peter aus England.


Alberto aus Italien sucht sich die besten Stücke beim Hangi aus.


Jacob, Briony, Ruth, Kevin, Alberto und Richard beim Hangi.


Wanderung Fresh Water Hut -> Mason Bay.








Mason Bay.














Sonnenuntergang über Steward Island.


Leider unscharf... aber es ist ein Kiwi!


Rob aus UK, Briony, Richard und Jacob vor der Abfahrt des Watertaxis.


Start zum Rakiura Track - entlang zahlreicher Buchten.


Eingang zum Rakiura Nationalpark.

















Bei der North Arm Hut - herrlicher Strand...


Mit unzähligen Muscheln - mein Abendessen ist gerettet ;)


... lecker!


Nach Abschluss des 32 Kilometer langen Rakiura Tracks.




Wood Pigeon.






Vogelwelt auf Steward Island


Robin.


Paraket.


Weka.


Oystercatcher.

1 Kommentar: