11.03.2012

Christchurch: When a city falls

Eine Stadt zerstört am Boden. Mehr fällt mir eigentlich spontan gar nicht ein, wenn ich zurück denke an meine zwei Tage in Christchurch. Eine Stadt zerstört am Boden, aber man rafft sich auf, man blickt in Christchurch nach vorne und man packt an, um die Heimat für die rund 360.000 Canterburians, wie sich die Bewohner dieser Gegend selbst bezeichnen, wieder zu einer Heimat zu machen, in der man sich wohlfühlen kann. Zugegeben, das fällt momentan schwer.
Als ich das letzte Mal Neuseeland verlassen habe, bin ich aus Christchurch abgeflogen - am 25. August 2010. Als ich Neuseeland dieses Mal nach meinen 4 Wochen Urlaub verlassen habe, bin ich ebenfalls aus Christchurch abgeflogen - am 9. Feber 2012. Zwar liegen "nur" gut 1.5 Jahre dazwischen, dennoch ist nichts mehr wie es war. Nur eine Woche nach meinem letzten Besuch erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7.2 auf der Richterskala die Stadt. Wie durch ein Wunder gab es damals keine Todesopfer. 186 Tote hatte man dann aber am 22. Feber 2011 zu beklagen als zur Mittagszeit, gerade als tausende Canterburians zum Mittagessen auf den Straßen der Stadt waren, ein Erdbeben der Stärke 6.8 erneut die Stadt erschütterte. Seit dem September Erdbeben von 2010 sind es nahezu 9600 Erdbeben gewesen, die die Bewohner der größter Stadt der Südinsel Neuseelands immer wieder wach rüttelt und ein Abschalten, ein Entspannen und ein Abschließen mit den schrecklichen Ereignissen vom Feber-Erdbeben nahezu unmöglich macht. Allein in den gut 24 Stunden, die ich in Christchurch dieses Mal verbrachte, erschütterten drei Erdbeben der Stärke 4.1 und 4.2 die Stadt und jedes Mal blieb meinen Freunden aus Christchurch, bei denen ich übernachten konnte, die Luft weg, Anspannung war ihnen aufs Gesichts geschrieben und eigentlich wünschte man sich nur, dass es gleich wieder aufhört und nie wieder anfängt.
Es ist bedrückend, durch die Haupteinkaufsstraße zu gehen, wo ich vor zwei Jahren noch gemütlich meinen Kaffee genossen hatte, und nach sechs am Abend nur rund 10 Personen zu treffen. Ein Großteil der Häuser sind verschwunden und große Parkplätze zieren das heutige Bild dieser Colombo Street. Die Häuser, die noch stehen sind meist schwer beschädigt und ein dicker Eisenzaun erinnert an die Gefahr, die weiterhin von diesen Gebäuden ausgeht. Dicke Grafiti-Schrift auf den Eingangstüren der noch stehenden Häusern erinnert an die schrecklichen Stunden nach dem Erdbeben vom 22. Februar: "Clear" - also niemand mehr drinnen verkünden diese, gemeinsam mit der Zeitangabe und dem Namen der Militäreinheit, die dieses Gebäude durchsucht hat. Der Kern der Stadt ist weiterhin für die Öffentlichkeit abgesperrt und nur vom weiter erhascht man einen Blick auf das ehemalige Wahrzeichen der Stadt, die Kathedrale, deren Turm im Zuge des Erdbebens vom 22. Februar auf den Hauptplatz der Stadt krachte und nun den Blick ins Innere der Kirche preisgibt.
Ich hatte die Gelegenheit mit einem der Militär-Diensthabenden zu sprechen. Er war dafür zuständig, nur Personen mit einer Genehmigung in die Absperrzone zu lassen, kontrollierte die Ein- und Ausfahrten der meist Bediensteten der Baufirmen, die für die Abrissarbeiten der Gebäude im Stadtkern zuständig sind, die nicht mehr zu retten sind. Er sei aus Wellington und diene freiwillig in der Armee. Derzeit sei er gerade auf Urlaub von seinem normalen Beruf, erzählt mir der Mann, aber so sei es ihm wenigstens möglich, irgendwie den Menschen hier in Christchurch zu helfen. Und diese Hilfe - nicht nur dieses Mannes sondern aller Neuseeländer - ist wirklich beeindruckend und spiegelt die Mentalität und den Zusammenhalt der Neuseeländer so gut wieder und es ist beeindruckend diese Hilfsbreitschaft Land auf und Land ab zu sehen und zu spüren.
In Nelson hatte ich übrigens bereits die Möglichkeit, den Film: "When a city falls" im Kino zu sehen. Eine beeindruckende, niederschmetternde und ergreifende Dokumentation über die Erdbeben, das Leben mit den Erdbeben und das Leben nach den großen Erdbeben in Christchurch. Und man kann nur hoffen, dass Christchurch - ähnlich wie New Orleans oder San Francisco - aus der Katastrophe heraus bald wieder aufstehen kann und zu einer blühenden und sicheren Stadt wieder werden kann. Für mich bleibt nur zu sagen: Es war irrsinnig schwer die Atmosphäre und die Bilder zu verarbeiten und ohne einen dicken Kloß im Hals durch die Straßen zu gehen. Ich war froh, dass ich dieses Mal die Stadt hinter mir lassen konnte und ich bewundere jeden, der hier leben und wohnen muss und trotz der andauernden Erdbeben es schafft nach vorne zu blicken und hier ein neues Leben aufzubauen beginnt.



Im abgesperrten Stadtzentrum wird ein Gebäude niedergerissen.


Blick auf die Kathedrale und auf jenen Platz, wo am 22. Feber der Turm der Kathedrale einstürzte und wie durch ein Wunder hier keine Toten zu beklagen waren. Ein großes Lock klafft nun in der Wand und wie es aussieht, wird die Kathedrale nicht mehr zu retten sein und ebenfalls abgerissen werden müssen.


Abgeriegelter Stadtkern.


In der Colombo-Street gibt es nahezu keine Geschäfte mehr. Die Inhaber haben sich nun zusammengeschlossen und in einem Container-Einkaufszentrum neue Filialen eröffnet - dem Ruby Center.


Schwer beschädigtes Gebäude nach den zahlreichen Erdbeben.


Blick auf den ehemaligen Busbahnhof von Christchurch - heute ist der gesamte Bereich abgesperrt, die Einsturzgefahr ist zu groß.


Markierungen an den Eingangstüren der noch stehenden Gebäude erinnern an die schrecklichen Stunden des 22. Febers 2011.


Colombo Street - hier stand ein Geschäft neben dem anderen. Heute dominieren Parkplätze diese Straße.


Die Ein- und Ausfahrtsrampe dieses Parkhauses fiel dem Erdbeben zum Opfer.


Auf dem Weg nach Christchurch - ein alter Bahnhof.


Kurz vor Kaikura begrüßt eine riesige Seehundekolonie die vorbeifahrenden Autofahrer.

Queen Charlotte Track - Perle im Marlborough Sound

Der 71 Kilometer lange Queen Charlotte Track ist der nördlichste Great Walk auf der Südinsel. Die Wanderung führt über zahlreiche private Landabschnitte entlang von zahlreichen Buchten durch die wunderschönen Marloborough Sounds von Ship Cove bis nach Anakiwa. Gleich vorweg - die ganzen 71 Kilometer habe ich leider nicht geschafft, da dafür nicht mehr genügend Zeit war, aber einen kleinen Teil konnte ich bestaunen.
Fast ungeplant hat es mich nach meinem Besuch im French Pass nach Anakiwa verschlagen, dem Startpunkt des Queen Charlotte Tracks. Danny's Bruder Paul hat hier nämlich ein Wochenendhaus, oder wie die Kiwis sagen "Bach" (gesprochen Betsch) und Paul hatte mich schon bei meinem Zwischenstop in Nelson in dieses kleine Hütte direkt am Meer eingeladen. Als ich ankam, wurde ich mit einem tollen Mittes-Snack und einer Tasse Tee von Paul und seiner Freundin Lyn begrüßt, die wenig später nach Nelson zurück aufbrechen mussten, da sie am nächsten Tag wieder arbeiten mussten. Die kleine Hütte am Strand stellte mir Paul aber sofort für die kommenden zwei Tage zur Verfügung und gab mir noch einige sehr hilfreiche Hinweise. So paddelte ich etwa am ersten Abend hinaus aufs Meer und pflückte mein Abendessen direkt von den Bojen ab, wo die Schiffe vor Anker lagen - zahlreiche Muscheln, die ich anschließend kurz aufkochte und gemeinsam mit frischen Salat aus Lyns Organic Garden im French Pass (den sie mir mitgegeben hatte) zum Abendessen auftischte.
Für den darauffolgenden Tag hatte ich - wie schon eingehends erwähnt - den Queen Charlotte Track in den Tagesmittelpunkt gestellt. Früh morgens brach ich also in Anakiwa auf - allerdings noch mit dem Auto - und fuhr nach Picton, wo meine Reisegruppe für den heutigen Tag schon wartete. Mit dem Kayak ging es dann in der Nähe von Picton aus auf die Wasser der wunderschönen Marlborough Sounds und Ziel war heute Mistletoe-Bay, von wo aus ich die kurze Wanderung zurück nach Anakiwa entlang des Queen Charlotte Track startete. Zuvor gab es aber nach unserer Landung in Mistletoe-Bay noch frische Sandwiches am Strand zur Stärkung und das war auch gut, denn für die knapp 13 Kilometer standen mir nur gute 2.5 Stunden zur Verfügung. Kurz nach 16 Uhr war mein Wassertaxi in Anakiwa angekündigt, denn ich musste ja zurück nach Picton, um mein Mietauto wieder abzuholen. Die Wanderung führte wieder durch dichten Wald und die Wegränder wurden von zahlreichen Farntrees gesäumt. Das Wetter gestaltete sich allerdings äußerst wechselhaft und auf der anderen Seite der Bucht konnte ich immer wieder heftige Regenschauer beobachten - zum Glück blieben diese aber auch auf der anderen Seite der Bucht und ich kam mit einigen wenigen Nieseltropfen trockenen Fußes in Anakiwa an.